Die materialistische Lehre, daß die Menschen Produkte der Umstände und der Erziehung, veränderte Menschen also Produkte anderer Umstände und geänderter Erziehung sind, vergißt, daß die Umstände eben von den Menschen verändert werden und daß der Erzieher selbst erzogen werden muß. Sie kommt daher mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft in zwei Teile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist.
Das Zusammenfallen des Änderns der Umstände und der menschlichen Tätigkeit kann nur als umwälzende Praxis gefaßt und rationell verstanden werden.

‚Planwirtschaft – Arbeitszeitrechnung, Staatssozialismus Ökologie‘ (2022) und ‚Goodbye Kapital‘ (2020)

Anfang 2022 ist der von uns herausgegebene Sammelband ‚Planwirtschaft‘ in der Reihe ‚Linke Klassiker‘ erschienen. Dieser enthält eine Textsammlung, die sich mit dem Thema des geplanten Wirtschaftens beschäftigt und ist als Ergänzung zu unserem ersten Buch zu sehen, welches die Arbeitszeitrechnung einführt und begründet.

‚Warum die Menschen dem Geld dienen und wie sie sich davon befreien könnten‘ war der Arbeitstitel unseres Buches ‚Goodbye Kapital‘, welches 2020 nach einigen Überarbeitungen final bei Papy Rossa erschien. Bereits die Occupy-Bewegung fragte nach der großen Krise 2007 warum das Geld, das doch von Menschen geschaffen und entwickelt wurde, nicht in seinen Diensten steht, sondern über ihm. Auch die junge Ökologiebewegung sowie neuere Sozialproteste stoßen immer wieder auf dieses Geldrätsel und werden es lösen müssen, wenn sie dauerhaft etwas verändern wollen. Schließlich ist es der gnadenlose Mechanismus der kapitalistischen Profitmacherei, der uns in rasender Geschwindigkeit auf einen ökologischen Kollaps zusteuern lässt und dabei zu immer härteren sozialen Verwerfungen führt.

Angelehnt an Marx beschäftigen wir uns in ‚Goodbye Kapital‘ mit dem Wesen des Geldes und der Frage, warum dieses heute zum Kern des Gemeinwesens geworden ist. Aus den Antworten entwickeln wir mit der Arbeitszeitrechnung eine Perspektive, wie unsere moderne Gesellschaft sich auf eine neue Basis stellen könnte, auf deren Grundlage Geld und Gewinnwirtschaft überholt wären. Arbeitszeitrechnung bedeutet im Kern, dass nicht Geld bzw. der Wert die Produktion bestimmen, sondern die durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden direkt als Basis der gesellschaftlichen Rechnungsführung dienen würden. Dies wäre die Grundlage für eine Gesellschaft, die nicht mehr dem Profitstreben unterworfen wäre. Einer Gesellschaft, die tatsächlich ökologisch nachhaltig planen könnte und dabei wirklichen Wohlstand und viel freie Zeit für alle ermöglichen könnte.

Auch wenn wir einiges an positiven Reaktionen und Rezensionen zu ‚Goodbye Kapital‘ erhalten haben, bezogen sich die meisten Erwiderungen auf den gescheiterten Staatssozialismus des 20. Jahrhunderts. Dies war sowohl die Kritik, die wir bei der durch uns losgetretenen Planwirtschaftsdebatte in der Zeitschrift ak aus der politischen Linken erhielten, als auch der Verweis von jüngeren Aktivist:innen aus den Reihen der Klimabewegung. Wir hatten in ‚Goodbye Kapital‘ bewusst einen großen Bogen um das 20. Jahrhundert gemacht und in eigenen und einfachen Worte dargestellt, was unseres Erachtens heute für wirklichen Fortschritt möglich und nötig wäre. Schließlich haben wir im 21. Jahrhundert komplett andere Voraussetzungen und Möglichkeiten der Emanzipation als 1917 oder 1949.

Nach wie vor wäre es uns wichtiger über die großen Perspektiven für die junge Ökologiebewegung und die neuen Sozialproteste zu debattieren als über den gescheiterten Staatssozialismus. Da wir aber um diese Diskussionen offensichtlich nicht herumkommen, haben wir uns entschieden mit dem Reader ‚Planwirtschaft‘, der Anfang 2022 bei ProMedia erschien, unseren Standpunkt zum 20. Jahrhundert klar zu stellen. In einer umfangreichen Herleitung zeigen wir die schwierige Ausgangslage der Revolutionen des 20. Jahrhunderts. Dabei arbeiten wir heraus, dass es in den gescheiterten Planwirtschaftsversuchen nie wirklich darum ging, die Waren- und Wertverhältnisse durch eine Arbeitszeitrechnung aufzuheben. Vielmehr musste man wohl oder übel bei bürgerlicher Kostenrechnung und letztlich Geld- und Wertverhältnissen verharren. Darüber hinaus klären wir in ‚Planwirtschaft‘, warum auch der Staatssozialismus katastrophale ökologische Bilanzen hatte. Unsere Argumente untermauern wir mit Texten von linken Klassikern. In unserer Textauswahl geht es sowohl um die theoretischen Möglichkeiten der Arbeitszeitrechnung (z.B. Marx oder die Gruppe Internationaler Kommunisten), die Frage von Planung und ökologischer Nachhaltigkeit (Bahro, Haarich), als auch um die Frage, was und wie in den Staatswirtschaften des 20. Jahrhunderts eigentlich geplant wurde (vor allem anhand sowjetischer Texte).

Nach wie vor freuen wir uns über Reaktionen und Kritiken zu beiden Büchern. Wegen Veranstaltungen u.ä. kommt gerne auf uns zu!

Phil und Chris

assoziation.info Mai '22