Die materialistische Lehre, daß die Menschen Produkte der Umstände und der Erziehung, veränderte Menschen also Produkte anderer Umstände und geänderter Erziehung sind, vergißt, daß die Umstände eben von den Menschen verändert werden und daß der Erzieher selbst erzogen werden muß. Sie kommt daher mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft in zwei Teile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist.
Das Zusammenfallen des Änderns der Umstände und der menschlichen Tätigkeit kann nur als umwälzende Praxis gefaßt und rationell verstanden werden.

#18M – von Banken, Protesten und Kommunen

Die neue prachtvolle EZB Zentrale soll am 18 März, in Frankfurt eröffnet werden. Ein breites linkes Bündnis ruft dagegen zu Protesten (#18M ) auf und will „ihre Party übernehmen und sie verwandeln in einen Ausdruck des transnationalen Widerstands gegen die europäische Krisenpolitik und gegen deren katastrophale Konsequenzen.“

Zunächst einmal ist es schön, wenn nach dem traurigen Winter in Deutschland eine Protestkultur entsteht, die die soziale Frage in den Mittelpunkt stellt anstatt hanebüchene Kultur- und Religionsdebatten.

Bankenkritik eines Teiles der Linken ruft reflexartig bei einem anderen Teil den Vorwurf der verkürzten Kapitalismuskritik hervor. Und tatsächlich ist die Frage berechtigt, warum man ausgerechnet vor einer Bank steht und nicht vor irgendeiner Fabrik, Lagerhalle oder einem Callcenter. Und wenn die Organisatoren der #18M-Proteste in ihrem Aufruf von ‚Finanzoligarchen‘ sprechen, erinnert dies wahrhaftig sehr an die unsinnige Trennung in ‚Finanzkapital‘ und ‚produktives Kapital‘. Ihre Kernforderung aber – ‚Wir wollen Demokratie ohne Kapitalismus!‘ – ist trotzdem unterstützenswert.

In der Praxis dürfte es auch schwer sein, vor jedem Callcenter, Fabriktor und Friseursalon aufzulaufen. Als Zusammenfassung aller Wertproduktion macht es also durchaus Sinn, vor Banken zu protestieren, was gerade bei Zentral- und Notenbanken deutlich wird. Denn hier vollzieht sich „die Entwicklung des Kreditsystems und die damit beständig wachsende, durch die Bankiers vermittelte, Verfügung der Industriellen und Kaufleute über alle Geldersparnisse aller Klassen der Gesellschaft und die fortschreitende Konzentration dieser Ersparnisse…“. Und es gilt, „dass mit Entwicklung der großen Industrie das Geldkapital mehr und mehr … nicht vom einzelnen Kapitalisten vertreten wird, … sondern als konzentrierte, organisierte Masse auftritt, die ganz anders als die reelle Produktion unter die Kontrolle der das gesellschaftliche Kapital vertretenden Bankiers gestellt ist.“ [Marx, Herv. d. Verf.]

Das Bankensystem ist somit der höchste Ausdruck der kapitalistischen Produktionsweise überhaupt und die Nationalbank ist das Zentrum dieses Systems. Durch die Bank, die über fremdes Kapital verfügen und es beliebig verleihen kann, erhält privates Geldvermögen den Charakter gesellschaftlichen Kapitals. Auch im Sinne einer Aufhebung, sprich progressiven Überwindung des Kapitalismus, ist es also richtig, dass es mit der Bank etwas auf sich hat. Von allen Seiten strömt das überschüssige Geld in die Banken und wird von der Bank in Kapital verwandelt, in die einzelnen Produktionszweige vermittelt und zwar so, dass es maximalen Profit abwirft. Die Bank hat damit eine vermittelnde Steuerungs- und Planungsfunktion in der kapitalistischen Wirtschaft.

Wenn man verstehen will, welche Chancen gesellschaftlicher Entwicklung darin liegen, sollte man sich ansehen, was Marx über Aktienunternehmen schreibt: „Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst. […] und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt.“ [Marx]

Was hier allgemein über Aktienunternehmen gesagt wurde, gilt potenziert für Banken. In diesem Geiste macht es Sinn, vor Banken zu protestieren. Nicht weil sie das größte Übel des Kapitalismus sind, sondern weil sie ihrer Natur nach der befreiten Gesellschaft am nächsten stehen. Würden sie mit Ressourcen statt mit Geldvorschüssen und mit Produkten statt mit Profiten rechnen, man hätte in der Bank und nicht in angestaubter staatlicher Bürokratie das Werkzeug, eine geplante Ökonomie effizient zu organisieren1)Der Gedanke einer Abschaffung des Geldes durch eine direkte Arbeitszeitmessung bei assoziierter Produktion ist in den Grundrissen thematisiert. Eine stringente Zusammenfassung dieses Werkes gibt es hier. Wer uns eine Mail schreibt, kann die vier PDF`s auch in Heftform von uns erhaltenen (gegen Portokosten)..

Die Forderung muss also nicht rückwärts auf Zerschlagung der Bankenmacht lauten, sondern progressiv auf ihre Aneignung durch die Gesellschaft, die sie jetzt schon verwaltet. Damit würde man sich tatsächlich in die Tradition der Pariser Kommune stellen, die wegen des Jahrestages – 18. März – dankenswerterweise im Aufruf genannt wird.

„Sie hat keine Ideale zu verwirklichen. Sie hat nur die Elemente der neuen Gesellschaft in Freiheit zu setzen, die sich bereits im Schoß der zusammenbrechenden Bourgeoisgesellschaft entwickelt haben.“ [Marx]

In Konsequenz heißt das: Wer die Folgen der Krisen vermeiden will, muss das System der Verwertung des Werts überwinden, dem die Krisen immanent sind. Mehr noch; die Krise ist eine wesentliche Bestimmung der auf der Verwertung des Werts beruhenden Produktionsweise.

Hier muss die Gesellschaft lernen, in Ressourcen und Produkten statt in Geld zu rechnen. Hierin liegt der Schlüssel zu sozialer Befreiung und ökologischer Nachhaltigkeit. Statt Kritik an Finanzoligarchen und Bankenmacht sollte es am 18. März in Frankfurt heißen:

Vergesellschaftung der Banken – Weg mit dem Geld!

mario & chris

References
1 Der Gedanke einer Abschaffung des Geldes durch eine direkte Arbeitszeitmessung bei assoziierter Produktion ist in den Grundrissen thematisiert. Eine stringente Zusammenfassung dieses Werkes gibt es hier. Wer uns eine Mail schreibt, kann die vier PDF`s auch in Heftform von uns erhaltenen (gegen Portokosten).

assoziation.info März '15