Die materialistische Lehre, daß die Menschen Produkte der Umstände und der Erziehung, veränderte Menschen also Produkte anderer Umstände und geänderter Erziehung sind, vergißt, daß die Umstände eben von den Menschen verändert werden und daß der Erzieher selbst erzogen werden muß. Sie kommt daher mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft in zwei Teile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist.
Das Zusammenfallen des Änderns der Umstände und der menschlichen Tätigkeit kann nur als umwälzende Praxis gefaßt und rationell verstanden werden.

krise als chance!

die krise nimmt immer größere ausmaße an.

nicht nur die brd, nicht nur die usa, der ganze weltmarkt befindet sich in der größten krise seit dem zweiten weltkrieg. nicht nur linksparteien und gewerkschaften, nicht nur parteien und regierungen, auch die kapitalisten selbst erwägen verstaatlichungen. nicht nur einzelne branchen, einzelne länder oder einzelne regionen, die krise umfasst alle bereiche. putin schimpft über den bösen westen, für china befürchtet man soziale unruhen, gegen die das militär vorsorglich auf haltung gebracht wird, in chicago hungern menschen, hunderte milliarden an maßnahmenpaketen der zentralbanken und nationalregierungen verpuffen, kurzarbeit und arbeitslosigkeit wachsen rasant an, insolvenzen und pleiten breiten sich in der produktion aus, die regierungen agieren zunehmend ratlos und ein ende ist noch nicht absehbar.

die entwicklung der krise selbst macht dabei offenbar, dass es nicht um böse immobilienspekulanten oder finanzheuschrecken geht. die krise selbst führt alle verkürzte kapitalismuskritik, die die ursachen der probleme immer in bestimmten teilbereichen sucht, ad absurdum. seit dem zusammenbruch des staatssozialismus in osteuropa wird immer offensichtlicher, dass marx kapitalismusanalyse vor 150 jahren ihrer zeit weit voraus war und dass die sogenannten marxisten im besten falle teile dieser analyse verarbeiteten. die bedeutung der produktion als grundlage des profitmachens, die unentrinnbare einheit von geld und ware, geldkapital und produktivem kapital, mehrwert und profit, lohnarbeit als moderne form der gesellschaftlichen beziehungen wie auch das aktienkapital, die engen schranken staatlicher politik und die bedeutung der krisen und des spontanen klassenkampfes – alles aktuelle entwicklungen, die der marxschen ökonomiekritik bei unvoreingenommener lektüre zu entnehmen sind.

unabhängig von anlass, ausgangspunkt und verlauf

krisen gehören zum kapitalismus wie ware und geld. asienkrise, krise in argentien, platzen des it-bubble 2000 und der aktuelle absturz – der fakt der krise ist ebenso wenig zu verleugnen wie die tatsache, dass die krise, je länger sie dauert und je umfassender sie sich ausbreitet, die menschen und die verhältnisse zum tanzen bringt. plötzlich passieren dinge, von denen vor einen jahr kein mensch zu träumen wagte – weder die, für die es sich um alpträume handelt, noch die, für die es zukunftsträume gewesen wären. regierungen ergreifen maßnahmen, die sie kurz vorher noch als sozialismus mit dem strafgesetzbuch verfolgten, herrschaftsverhältnisse werden instabil und zunehmend gehen menschen auf die strassen, um zu demonstrieren, zu streiken oder ihren frust abzurandalieren. das ist alles keine frage des wollens – ob es einer regierung oder einem kritischen linken gefällt

die krise setzt unvermeidlich bewegungen unter der bevölkerung frei. und zu diesen bewegungen wird man sich verhalten müssen. wenn heute die worte klassen und klassenkampf ertönen, klingt dies sehr altbacken und setzt sicherlich viele falsche assoziationen frei. dabei ist klassenkampf auch in der theorie sehr modern – wenn man nur den klassenbegriff theoretisch richtig fasst. klassen sind eben keine zünftigen stände mit festen moralischen werten und traditionen. will man einen den modernen verhältnissen entsprechenden begriff der klasse der lohnarbeit erarbeiten, muss man sich an den marxschen begriff des produktiven gesamtarbeiters orientieren. dabei ist die formbestimmung von eben solcher bedeutung wie bei der kritik aller ökonomischen verhältnisse im kapitalismus. lohnarbeit als spezifische form der arbeit im kapitalismus setzt eine ganz andere klasse voraus, als man sie aus den großen klassenkämpfen des 20. jahrhunderts kennt. diese klasse der lohnarbeit wird als klasse auch anders agieren, als man es bisher aus den vergangenen jahrhunderten kennt.

zu beginn einer krise wird die lohnarbeit nicht als produktiver gesamtarbeiter in bewegung kommen. erste bewegungen werden sich noch in den überkommenen ständischen fesseln mit forderungen an den staat äußern: schütze unseren betrieb, schütze unsere branche, schütze unser land, schütze uns vor dem finanzkapital und der arbeitsmigration. doch bei sich entwickelnder krise sind die schutzmöglichkeiten des staates begrenzt, womit auch eine ständische bewegung an ihre grenzen stoßen wird. gleichzeitig gewinnen bei dem ständetum immer nur teile der klasse auf kosten des großen rests. in solchen aktionen, die vielen linken menschen eher furcht einflößen, kämpft die lohnarbeit eben nicht als klasse, sondern als stand. im nächsten schritt müssen sie als klasse der lohnarbeit kämpfen: gleiche verkaufs- und arbeitsbedingungen für alle zur lohnarbeit verdammten, gleiche arbeitszeiten, gleichen lohn für gleiche leistung, gleiche arbeitsbedingungen unabhängig von beruf, herkunft, geschlecht und nationalität – dies wäre aktion der produktiven gesamtarbeit. das beste ergebnis dieser aktion als lohnarbeit besteht nicht in den erkämpften verbesserten ausbeutungsbedingungen, sondern in der in diesen kämpfen wachsenden organisation der klasse. doch bei sich entwickelnder krise sind auch diesen forderungen enge grenzen gezogen. hält die krise also an, sind dem kampf der lohnarbeit als lohnarbeit wenig perspektiven beschieden. was dann bleibt, ist, gegen den status der lohnarbeit selbst zu kämpfen. und dies ist der beginn der revolution. beginnt die produktive gesamtarbeit ihren charakter als lohnarbeit in frage zu stellen, in ihrer aktion forderungen zu formulieren, die die lohnarbeit aufheben, ist mit der lohnarbeit auch das kapitalverhältnis in frage gestellt. denn das kapitalverhältnis besteht eben aus dem verhältnis von kapital und lohnarbeit. eine erste forderung in dieser richtung könnte z.b. lauten: wenn schon die allgemeinheit für die verluste des kapitals aufkommen muss und das kapital, selbst als staatskapital, keine besserung der verhältnisse bewirkt – und so sieht es zur zeit aus -, dann übernehmen wir selbst die betriebe, in welcher form auch immer das geschehen mag. naheliegend wären beispielsweise kooperativfabriken.

damit wäre die gleichzeitige umwälzung der umstände und menschen eingeleitet. abhängig von der zuspitzung der krise entwickelt sich die bewegung der lohnarbeiter und ihr bewusstsein. nicht nur die in lohnarbeit befangenen, auch die intellektuellen sind produkte der kapitalistischen umstände. diejenigen kritischen linken die meinen, mit adorno, kant und lenin die menschen über ihre wahren bedürfnisse belehren zu können, vergessen, wie sowohl sie selbst als auch ihre scheinbar klassenunabhängigen bedürfnisse produkt ihres daseins als bürgerliche individuen sind. wenn sich eine revolution entwickelt, können linke als besserwisserische eckensteher ihre eitelkeit pflegen oder sich durch eine beteiligung an der umwälzung der umstände selbst dieser umwälzung aussetzen. lediglich zu jammern über die gefahr eines reaktionären mobs, welcher durch die krise entstehen könnte, vergrößert nur die gefahr des auftretens eines solchen mobs. den demagogen und populisten kann man nicht mit bohemehafter aroganz begegnen, sondern indem man diese scharlatane wissenschaftlich kritisiert und der bewegung alternativen aufzeigt. auch der kommunismus als bewegung wälzt sich um. seine aufgabe besteht nicht darin, als erzieher, der meint, nicht von den umständen erzogen werden zu müssen, eine aparte organisation jenseits der gesellschaft zu bilden und in einer erziehungsdiktatur den menschen vorzuschreiben, was ihre wahren bedürfnisse wären. dieses konzept mit seinen partei- und staatsdiktaturen (lenins diktatur des proletariats) hatte im 20. jahrhndert genug zeit, sein scheitern zu demonstrieren. aufgabe des kommunismus ist es, statt auf diese art ideologisch aufzutreten, wissenschaftlich vorzugehen, die bedingungen der umwälzung aus der kritik der politischen ökonomie zu bestimmen und durch ihre beteiligung in die reale bewegung zu tragen. dies bedeutet, das studium der marxschen ökonomikritik als revolutionäre theorie zu betreiben.

dabei kann man entdecken, dass wesentliche fragen bei marx schon geklärt sind:

  1. die wurzel der probleme liegt in der verwertung des werts, im kapital selbst, dessen zweck die produktion von profit ist.
  2. dabei produziert das kapital gleichzeitig die mittel zur lösung der probleme: die gesellschaftlichen produktivkräfte, die ansätze der formen der vergesellschaftung (banken, kredit, aktiengesellschaften, kooperativfabriken), die geistigen waffen (kritik der politischen ökonomie) und die handelnden subjekte (produktive gesamtarbeit als lohnarbeit).

zu klären wäre noch, wie sich die bitteren notwendigkeiten, die das kapital schafft, verhalten zu den von ihm geschaffenen möglichkeiten, und wie sich eine revolution in diesen widerspruch zu stellen hat.
eins aber ist klar: am ende einer revolutionären umwälzung der gesellschaft, die sich nicht in einer politischen revolution erschöpft, steht keine wie auch immer geartete erziehungsdiktatur, die durch aufklärung und ändern der umstände die neue gesellschaft schafft. die revolution selbst ist das schaffen des neuen aus dem alten. der sieg der revolution ist identisch mit dem ende von lohnarbeit und kapital, von geld und ware, von klassen und staat.

sicher ist dieser ausgang nicht. aber nur wenn man ihn wagt, ist er möglich. noch so viel „kritik“ kann diese erkenntnis nicht kaschieren: wer nicht kämpft, hat schon verloren.

micha

assoziation.info Juli '08